Laut EU-Kommission waren millionenschwere Beihilfen für WestSpiel Casinos unzulässig und müssen erstattet werden.
Die Europäische Kommission hat Millionen-Beihilfen an den Glücksspielanbieter WestSpiel als unzulässig eingestuft Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, staatliche Beihilfen in Höhe von 64,8 Millionen Euro von der WestSpiel-Gruppe zurückzufordern.
Zwei Maßnahmen auf dem Prüfstand
Diese Gelder, die 2015 durch eine Kapitalzuführung der landeseigenen NRW.BANK bereitgestellt wurden, wurden als unvereinbar mit den EU-Beihilfevorschriften bewertet.
Das Urteil ist das Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung, die die EU bereits 2019 eingeleitet hatte. Im Rahmen ihrer Untersuchung analysierte die EU-Kommission zwei zentrale Unterstützungsmaßnahmen für WestSpiel:
- Verlustabdeckungen von 2009 bis 2015: In diesem Zeitraum übernahm die NRW.BANK jährliche Verluste des Unternehmens in Höhe von insgesamt 63,6 Millionen Euro.
- Kapitalzuführung im Jahr 2015: Eine Finanzspritze in Höhe von 64,8 Millionen Euro wurde gewährt, um WestSpiel nach Jahren defizitärer Ergebnisse finanziell zu stabilisieren.
Während die Verlustabdeckungen als rechtmäßig eingestuft wurden, stellte die EU fest, dass die Kapitalzuführung gegen EU-Recht verstößt. Ein entscheidender Punkt in der Beurteilung war, dass ein vergleichbarer privater Kapitalgeber unter ähnlichen Umständen keine solche Finanzhilfe gewährt hätte.
Begründung der EU-Kommission
Die EU führte an, dass die Kapitalzuführung durch die Struktur und Kontrolle der NRW.BANK eindeutig dem Staat zuzurechnen sei. Sie habe WestSpiel einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, der zu einer Wettbewerbsverzerrung auf dem Glücksspielmarkt geführt habe.
Laut EU-Richtlinien dürfen staatliche Beihilfen nicht den Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen zugunsten eines Anbieters verzerren. Die Rückforderung der 64,8 Millionen Euro zuzüglich Zinsen sei notwendig, um diese Verzerrung zu beseitigen. Die Kommission stellte jedoch klar, dass diese Maßnahme keine Strafe darstelle, sondern allein der Wiederherstellung fairer Marktbedingungen diene.
Politische Brisanz der Privatisierung
Die Entscheidung der EU-Kommission wirft ein neues Licht auf die Privatisierung von WestSpiel. Im September 2021 wurde die WestSpiel-Gruppe für 141,8 Millionen Euro an die Gauselmann Gruppe verkauft.
Die vier Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Dortmund und Duisburg werden seitdem unter der Marke „Merkur“ betrieben. Zudem hat Gauselmann die Möglichkeit, zwei weitere Spielbanken in NRW zu eröffnen.
Die Privatisierung war von Anfang an politisch umstritten. Die SPD im Landtag kritisierte die schwarz-gelbe Landesregierung scharf und warf ihr vor, öffentliches Eigentum unter Wert verkauft zu haben.
Der Gesamtwert des Unternehmens wurde in den Ausschreibungsunterlagen für eine Konzessionslaufzeit von 15 Jahren auf 2,7 Milliarden Euro geschätzt, was den erzielten Verkaufspreis in Frage stellt. Auch der Schutz der Angestellten und die Auswirkungen auf den Spielerschutz wurden als problematisch bewertet.
Trotz der Privatisierung bleibt das Land NRW Empfänger der Einnahmen aus der Spielbankabgabe, die auf den Bruttospielerträgen der Casinos basiert. Die Abgabe beträgt 30 Prozent und steigt auf 40 Prozent für Erträge, die je Spielbank 15 Millionen Euro überschreiten.
Im Jahr 2019, vor der Übernahme durch die Gauselmann Gruppe, erwirtschafteten die vier Spielbanken einen Bruttospielertrag von 117 Millionen Euro und verzeichneten erstmals seit Jahren einen Gewinn von 3,2 Millionen Euro.
Auswirkungen der Rückforderung
Die Entscheidung der EU bringt sowohl die Landesregierung von NRW als auch die Gauselmann Gruppe in eine schwierige Lage. Zwar richtet sich die Rückforderung formell gegen die WestSpiel-Gruppe, doch stellt sich die Frage, wie die Gauselmann Gruppe, die das Unternehmen übernommen hat, auf die Forderung reagieren wird. Bisher hat der private Betreiber keine Stellungnahme zu der Entscheidung der EU abgegeben.
Die Rückforderung dürfte nicht nur finanzielle Konsequenzen für die Beteiligten haben, sondern auch die politische Debatte um die Privatisierung weiter anheizen. Während die Landesregierung unter Druck steht, die EU-Forderungen umzusetzen, könnte der Vorgang auch zukünftige Privatisierungen in NRW beeinflussen.
Gleichzeitig wirft die Situation die Frage auf, wie effektiv die EU-Vorgaben zur Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen auf nationalen Märkten umgesetzt werden können. Nordrhein-Westfalen steht vor einer komplexen Herausforderung, deren Auswirkungen weit über den Glücksspielsektor hinausreichen könnten.
Bildquelle: Casino Bad Oeynhausen